Birgit Lang
ifk Research Fellow


Zeitraum des Fellowships:
01. März 2009 bis 30. Juni 2009

Sexualwissenschaften und (erotische) Literatur in der Moderne: Konstellationen einer Beziehung



PROJEKTBESCHREIBUNG

Die Diskussion von Erotik (und Geschlechterfragen) in der Moderne hat eine Fülle an Forschungsliteratur hervorgebracht, die jedoch die Beziehungen der unterschiedlichen Diskurse und Wissensformationen untereinander nicht nachhaltig problematisiert. Im Fall der Konstellation Sexualwissenschaft/(erotische) Literatur hat dies für den deutschsprachigen Raum - in Anschluss an die Foucault-Rezeption der 1980er-Jahre - zu grundlegenden Missverständnissen geführt, bei denen Literaten wie Literatur ""Opfer"" der wirkungsmächtigen Sexualwissenschaften werden. Birgit Lang interveniert mit ihrem Projekt an dieser Stelle und untersucht am Beispiel dreier historischer Schnitte das komplexe Verhältnis beider Wissensformationen, inbesondere in Hinblick auf den ihnen inhärenten Bilddiskurs. ""Einseitige Bezugnahme"" (1870) analysiert die Entwicklung wegweisender sexualwissenschaftlicher Klassifizierungen anhand von literarischen Beispielen, deren Bildbeschreibungen der Sexualwissenschaft zur Unterscheidung zwischen schöner und erotischer Literatur dienten. ""Im Kreuzverhör"" (1900) untersucht die zunehmend kritisch werdendere Einschätzung der Sexualwissenschaften der Literatur gegenüber, die von literarischer Seite zu einer kritischen und teilweise ironischen Diskussion sexualwissenschaftlicher Modelle führte und mit dem Entwurf von Gegenmodellen beantwortet wurde. ""Annäherung und Verschiebung"" (1925) zeigt, dass die kulturwissenschaftliche Öffnung der Sexualwissenschaft Hand in Hand mit der Akzeptanz fotografischer Evidenz geht, was sowohl zu einer Annäherung zwischen Literatur und Wissenschaft, jedoch auch zur Kriminalisierung beider Wissensbereiche führt.



CV

Birgit Lang ist Lecturer in German an der Universität Melbourne, Australien. Sie studierte Germanistik an der Universität Wien. 2000/2001 lehrte und forschte sie mit einem IFK_Fellowship abroad an der Duke University, NC, dem Simon-Dubnow-Institut für jüdische Geschichte und Kultur an der Universität Leipzig (IQN-DAAD/IFK_Kooperation) und der Universität Oxford.



Publikationen

(u. a.): The Viennese Legacy of Casanova: The Late Erotic Writings of Arthur Schnitzler and Franz Blei, in: Deborah Holmes und Lisa Silverman (Hg.), The forgotten City? Vienna in between the Wars. Rochester, NY 2009; gem. mit Franz-Josef Deiters, Axel Fliethmann, Alison Lewis, Christiane Weller (Hg.), Erinnerungskrisen - Memory Crisis. Freiburg 2008 (Limbus. Australian Yearbook for German Literary and Cultural Studies, Vol 1); Eine Fahrt ins Blaue. Deutschsprachiges Exiltheater und -kabarett in Australien (1933-88), Berlin 2006 (Amsterdamer Publikationen zur Sprache und Literatur, 163); Experten im Kulturtransfer? - Zur Mittlerfunktion der jüdischen Gemeinschaft und ihrer Bedeutung für die australische Immigrationspolitik, in: Wolfgang Schmale und Martina Steer (Hg.), Kulturtransfer in der jüdischen Geschichte, Frankfurt/Main/New York 2006, S. 173-186.