25 April 2016
  • Lecture
IFK

REDEN, REDEN, REDEN. GESCHWÄTZIGKEIT IM ROMAN DES 19. JAHRHUNDERTS

Reden, schwatzen, parlieren Es gibt viele Umschreibungen für das Phänomen der Geschwätzigkeit, das man auf den ersten Blick nicht mit der Romankunst des 19. Jahrhunderts in Verbindung bringen würde. Gleichwohl hat es dort einen prominenten Ort. Barbara Naumann untersucht die Funktion des Redens am Rande der Sinnlosigkeit im Roman.

 

Schon im Roman des 19. Jahrhunderts wird viel geschwatzt. Das Plaudern, die spielerische Konversation überschreitet regelmäßig eine auf die eindeutige Übermittlung von Gedanken und Gefühlen begrenzte Vorstellung von Kommunikation. So lautet jedenfalls die Überzeugung vieler AutorInnen. Dem Plaudern, „causer, dem informellen, thematisch schweifenden Gespräch gehören ganz eigene, nämlich eigentümlich kreative Qualitäten an. Deutlich drückt es Mme de Staël aus: Reden sei „pas un moyen […] de communiquer ses idées“. Wo Gedanken und Gefühle noch nicht zu Wort gekommen sind, setzt das Plaudern diese frei. Wo der Gedanke als reine Mitteilung nicht sagbar, wo er, aufgrund seiner Faktizität zu karg oder zu unangenehm, aufgrund seiner Form zu langweilig wäre, erlaubt das informelle Plaudern gleichwohl seine Übertragung. Das Denken, das derart zutage kommt, ist umständlich, es darf, ja soll umwegig sein und auf seine eigene Entstehung im unkalkulierbaren Prozess vertrauen. Romanszenen der Geschwätzigkeit stellen gewissermaßen die performative Seite eines Denkens dar, das seine Impulse und sein kommunikatives Potenzial ebenso aus dem klanglichen, gestischen, körperbezogenen Aspekt der Sprache bezieht.

 

Barbara Naumann ist Professorin für Neuere deutsche Literatur am Deutschen Seminar der Universität Zürich und derzeit IFK_Senior Fellow.

Weitere Informationen zu Barbara Naumann

Ort: IFK