12 März 2015
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13 März 2015
  • Conference
IFK

KRIEGSERFAHRUNGEN ERZÄHLEN

Kehren Kriegsteilnehmer sprachlos aus dem Krieg zurück? Ist es möglich, ihre Erfahrungen zu vermitteln? Geht es um eine generell undarstellbare Erfahrung oder um ein falsches Pathos der Undarstellbarkeit? Literaturwissenschaft und Geschichtswissenschaft treffen aufeinander, um Beispiele aus drei Kriegen dreier Epochen zu analysieren.

 

Walter Benjamin beobachtete, wie die Kriegsheimkehrer des Ersten Weltkriegs „verstummt aus dem Felde“ kamen, „[n]icht reicher, ärmer an mittelbarer Erfahrung“. Diese Feststellung einer (vermeintlich) allgemeinen Sprachlosigkeit, der Unmöglichkeit, die persönlichen Erfahrungen mitzuteilen, sie zu objektivieren und gegebenenfalls gar ins Archiv einzuspeisen, verhärtete sich im Laufe der Jahrzehnte nach Benjamin. Unter dem Eindruck der Shoah entstand der Topos einer generellen Undarstellbarkeit der Erfahrung (Giorgio Agamben). Allerdings hat dieser Topos seit einigen Jahren seine dominierende Position verloren, die Verbrechen der Wehrmacht und der Einsatzgruppen hatte er immer schon ausgeblendet, den Unterschied zwischen Tätern und Opfern verwischt. George Didi-Huberman hat treffend dargelegt, dass das Pathos der Undarstellbarkeit (ohne es zu wollen) der damnatio memoriae-Strategie der Nationalsozialisten in die Hände spiele. Doch auch jenseits der spezifischen Fragestellungen der Shoah wird die kulturwissenschaftliche Debatte um den Erfahrungsbegriff, die persönliche Erfahrung und die Möglichkeit von deren Darstellung intensiv geführt. Gefragt wird, wie in verschiedenen Epochen und Kriegen (Hundertjähriger Krieg, Dreißigjähriger Krieg, Zweiter Weltkrieg) die Erfahrungen von Soldaten und der Zivilbevölkerung in bestimmten Mustern schriftlich vermittelt wurden. Dabei wird es auch darum gehen, epochenübergreifend narrative Strukturen freizulegen, die (bewusst oder unbewusst) von den Erzählern genutzt werden, um eine Objektivierung der persönlichen Erfahrung voranzutreiben. Im Sinne einer generellen Narrativ-Kritik soll dies auch eine Frage nach den Machtstrukturen sein, die darüber entscheiden, welche Erfahrungen einen „historiografischen“ Wert haben und welche (angeblich) nicht.

 

KONZEPTION: Jörg Rogge (Historisches Seminar, Johannes-Gutenberg-Universität Mainz) 

 

TEILNEHMERINNEN: Ulrich Breuer (Mainz), Martin Clauss (Chemnitz), Matthias Däumer (Mainz), Christa Karpenstein-Eßbach (Mannheim), Maren Lorenz (Bochum), Matías Martínez (Wuppertal), Sönke Neitzel (London), Matthias Schnettger (Mainz)

 

Eine Kooperation des IFK mit der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, Forschungsschwerpunkt Historische Kulturwissenschaften.

 

 

Ort: IFK