15 Oktober 2018
  • Lecture
IFK

QUANTENPHYSIK, DER „POSTMODERN TURN“ UND DIE KULTURELLEN LOGIKEN DER ÜBERSETZUNG

18:15

„Transgressing Boundaries“: Unter diesem Titel parodierte Alan Sokal Mitte der 1990er-Jahre die verbreiteten Versuche, die Quantenphysik für eine „postmoderne“ Auffassung von Wissenschaft und Wirklichkeit in Anspruch zu nehmen. Was dem Physiker Sokal nur als illegitime Grenzüberschreitung erscheinen konnte, möchte Eva Johach unter dem Gesichtspunkt kultureller Übersetzung neu beleuchten.

 

In der theoriegeschichtlichen Umbruchphase der 1970er- und 1980er-Jahre – dem also, was bis vor einiger Zeit als postmodern turn bezeichnet wurde – häufen sich die Bezugnahmen auf Konzepte und Modelle der Quantenphysik. Jenseits von Sokals Anfeindungen gegenüber den intellektuellen Anmaßungen postmoderner Wissenschaft tut sich hier ein kultur- und theoriegeschichtlich aufschlussreicher Komplex kultureller Aneignung, Adaption und Übersetzung auf, der im Zentrum des Vortrags stehen soll. Warum erschien die Sprache der Quantenphysik geeignet, um die Passage in eine nachmoderne Episteme zu bewerkstelligen? Wie konnten hochformalisierte Spezialdiskurse zu einer kulturellen Ressource werden, die sich produktiv aneignen ließ? Und welche ÜbersetzerInnen waren es, die das Bild einer „postmodernen Physik“ vorgezeichnet und so die Aneignungsfähigkeit seitens der Humanwissenschaften erst ermöglicht haben?

 

 

Eva Johach ist promovierte und habilitierte Kulturwissenschafterin und -historikerin. Ein Fokus ihrer Forschung liegt auf den Prozessen der Zirkulation und des (metaphorischen) Transfers zwischen und jenseits akademischer Disziplinen sowie den imaginären Dimensionen des Sozialen. Derzeit forscht sie zu „alternativen Realitäten“ und den Bewusstseinskulturen der 1950er- bis 1990er-Jahre und ist IFK_Senior Fellow.

 

Publikationen (u. a.): „Die Dynamisierung des Kosmos. Charles Fouriers utopische Wissenschaft“, in: Archiv für Begriffsgeschichte 59 (2017), S. 101 – 120; „Phylogenie, Palingenesie, Panspermie. Timothy Learys imaginäre Topographien der drogeninduzierten Seelenwanderung“, in: Martin Hense, Jutta Müller-Tamm (Hg.), Poetik der Seelenwanderung, Freiburg i.Br./Berlin/Wien 2014, S. 203 – 228; „Mind Spaces. Medien des er­weiterten Bewusstseins zwischen romantischem Somnambulismus und psychedelischer Revolution“, in: Eva Johach, Diethard Sawicki (Hg.), Übertragungsräume. Raum und Medialität in der Moderne, Wiesbaden 2013, S. 111 – 132.

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