Ann-Cathérine Pielenhofer
ifk Junior Fellow


Zeitraum des Fellowships:
01. Oktober 2023 bis 30. Juni 2024

Wissen aus Steinen quetschen. Papierabklatsche zwischen Wissenschaft und politischem Aktivismus



PROJEKTBESCHREIBUNG

Im Zentrum des Projekts stehen Abklatsche: Dreidimensionale Papierabdrücke historischer Steininschriften, die in der Epigraphik deren ortsunabhängige Untersuchung ermöglichen. Die semitische Philologie Westeuropas im langen 19. Jahrhundert war auf Abklatsche als Evidenzobjekte angewiesen. Die Kopien ermöglichten, Geschichten semitischer Sprachen und der Bevölkerungen, die sie verwendeten, aus geografischer Distanz zu erforschen. An der Herstellung von Abklatschen auf Forschungsreisen in den Nahen Osten waren verschiedenste Akteur*innen beteiligt. Das Projekt fragt nach wissenschaftlichen und soziopolitischen Allianzen zwischen ihnen und nach deren konstitutiver Rolle für die Entstehung der Papierabdrücke. Es fragt nach sich stets verschiebenden Interessenskonstellationen, die westliche Forschungsreisende nutzten und herstellten, um Abklatsche als Ressourcen des Wissens zu produzieren. Anhand dieser Beziehungen wird gezeigt, wie lokale und nicht-lokale hegemoniale Herrschaftspraktiken und unterschiedliche nicht-hegemoniale Strategien mit der Entstehung von Wissen verflochten sind.



CV

Ann-Cathérine Pielenhofer studierte Geschichte, Zeitgeschichte und Judaistik in München und Wien. Sie verbrachte Studienaufenthalte an der Tel Aviv University, der University of Chicago und der Stanford University. Während ihres Studiums in Wien war sie Studienassistentin am Institut für Philosophie und am Forschungsschwerpunkt Wissenschaftsgeschichte. In ihrer Promotion an der Universität Wien (ebenfalls am Forschungsschwerpunkt Wissenschaftsgeschichte) beschäftigt sie sich mit der Verwendung von Inschriftenkopien, sogenannten Abklatschen, in der semitischen Philologie im langen 19. Jahrhundert. Dabei interessieren sie besonders die Beziehungskonstellationen und gesellschaftspolitischen Allianzen, die sich um die Herstellung und Verwendung dieser Kopien bildeten. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Wissens- und Wissenschaftsgeschichte, insbesondere die Geschichte der Geisteswissenschaften, Wissenschaften des Judentums und historisch-politische Epistemologien.



Publikationen

gem. mit Esther Heinrich-Ramharter, »Ludwig Wittgenstein und Josef Schächter – zwei jüdische Religionsphilosophen des Wiener Kreises?«, in: Esther Heinrich-Ramharter (Hg.): Religionsphilosophie nach Wittgenstein, Heidelberg/Berlin 2023 (in Vorbereitung); als Übersetzerin: »Josef Schächter: Ludwig Wittgenstein, Chapter of Jahaduth W’Hinukh B’Sman Hase«, in: Esther Heinrich-Ramharter und Friedrich Stadler (Hg.): Josef Schächter. Philosophical Writings and Documents in the Context of the Vienna Circle, Cham 2023 (in Vorbereitung).

22 Januar 2024
18:15
  • Lecture
ifk & ifk@Zoom
Ann-Cathérine Pielenhofer

Billige Abklatsche? Epigrafik als politische Beziehungsarbeit

Abklatsche semitischer Steinschriften wurden zu entscheidenden Evidenzobjekten für die Auseinandersetzung mit epigrafischen, philologischen und theologischen FragestellungenAnhand des jüdisch-österreichischen Semitisten Eduard Glaser zeigt der Vortrag, wie die Abklatschherstellung semitischer Steinschriften mit wissenschaftlichen und soziopolitischen Allianzen verflochten war.

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