Hartmut Böhme
ifk Gast des Direktors


Zeitraum des Fellowships:
01. Oktober 2015 bis 31. Januar 2016

Natur nach der Natur. Historische Konstellationen der naturästhetischen Bildkunst



PROJEKTBESCHREIBUNG

Nach Phasen des (radikalen) Konstruktivismus und der Position, dass es 'kein Außen' zur menschlichen Welt gäbe; aber auch nach der berechtigten Kritik am Essentialismus, zielt das Projekt auf eine systematische wie exemplarische Geschichte der Natur. Dies fügt sich ins Rahmenthema des IFK: seit der Antike wurde die Natur als harmonische und gesetzliche Ordnung oder als chaotische Wildnis verstanden. Das historische Verhältnis von Risiko und Sicherheit, des Zufalls sowie der Naturkatastrophen gehen in das Vorhaben ebenso ein wie die Geschichte der Naturästhetik, in der sich die Verhältnisse von Ordnung/Unordnung, Harmonie/Chaos, Form/Gestaltlosigkeit ablesen lassen. Studien zur Bildkultur und Naturästhetik stehen zunächst im Mittelpunkt. Hierbei ist die Geschichte von Technik und Naturwissenschaft mehr als ein Hintergrund der Künste. Diese haben sich nicht im Modell der Naturnachahmung erschöpft; sie lieferten eigenständige Beiträge zur Geschichte des Wissens, der experimentellen Praktiken und Techniken, der ‚Erfahrung’ und ‚Modellierung’ der Natur. Auch in der Auseinandersetzung mit der Kontingenz der Natur haben die Künste eine besondere Stimme, wie sie auch beteiligt sind an den Phantasmen von Natur-Beherrschung und „kreativer Zerstörung“. Sie entwickelten wichtige Formen der epistemischen und medialen Selbst-Reflexivität. Im Spannungsfeld von Essentialisierung und Dekonstruktion der Natur werden ästhetische Figurationen entwickelt, die im sog. Anthropozän vergessen zu sein scheinen. Die Künste bilden ein ‚Dazwischen’ (metaxü) von Natur und Kultur, eine dritte Position, mit einer Agency, die zu erforschen das Ziel der Wiener Monate ist.



CV

Hartmut Böhme, studierte Germanistik, Theologie, Philosophie und Pädagogik; 1977-92 Professor für Neuere Deutsche Literaturwissenschaft, Universität Hamburg; 1993-2012 Professor für Kulturtheorie und Mentalitätsgeschichte, Humboldt-Universität zu Berlin; Gastprofessuren in den USA, in Italien und Japan; Fellowships in Wien (IFK), Weimar (IKKM), Essen (KWI); vielfach Projektleiter von DFG-Forschungsprojekten; Sprecher des Sonderforschungsbereichs „Transformationen der Antike“ (bis 2012); Träger des Meyer-Struckmann-Preises 2006 und des Hans-Kilian-Preises 2011. Langjähriger Beirat/Herausgeber der Reihen „Junius – Zur Einführung“, „Grundwissen Philosophie“, „Transformationen der Antike“, „Nature, Culture and Literature“, „Berliner Kulturwissenschaft“, „Zeitschrift für Kulturwissenschaften“; Beirat/Vorstand der Gesellschaft für Kulturwissenschaft, der Warburg-Stiftung, des Forschungskolleg Morphomata, des KWI Essen, des Bauhaus Dessau (bis 2014).



Publikationen

gem. mit Bernd Kordaß und Beate Slominski (Hg.), Das Dentale. Zähne im Kontext, Berlin 2015; gem. mit Werner Röcke und Ulrike C. A. Stephan(Hg.), Contingentia. Transformationen des Zufalls, Berlin/Boston 2015; Fetishism and Culture. A different Theory of Modernity, 2014; gem. mit Beate Slominski, Das Orale. Die Mundhöhle in Kulturgeschichte und Zahnmedizin. München 2013; Der anatomische Akt. Zur Bildgeschichte und Psychohistorie der frühneuzeitlichen Anatomie, Gießen 2012; (Hg.): Transformation: Ein Konzept zur Erforschung kulturellen Wandels; München 2011; gem. mit Claudia Benthien und Inge Stephan (Hg.), Sigmund Freud und die Antike, Göttingen 2011.

Der Mundraum. Zur Anthropologie und Ästhetik des Oralen und Dentalen

Porf. Dr. Hartmut Böhme (Berlin/derzeit IFK_Gast des Dirktors) hält am 16. Dezember 2015 um 18.30 Uhr einen Gastvortrag am Institut für Germanistik der Universität Wien, Übungsraum 1, Stiege V, 2. Stock:

"Der Mundraum. Zur Anthropologie und Ästhetik des Oralen und Dentalen".

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11 Januar 2016
  • Lecture
IFK
Hartmut Böhme

NATUR – NACH DER NATUR. NATURÄSTHETISCHE BILDKUNST ZWISCHEN DARSTELLUNG UND REFLEXIVITÄT

Niemand hat in den letzten Jahren so sehr die Natur infrage gestellt und sie als Projektion, Fiktion, Konstrukt oder Artefakt dekonstruiert wie die Kulturwissenschaften, während NaturwissenschafterInnen nach wie vor ziemlich mühelos von Natur sprechen als jenem Referenzobjekt, das sie erforschen und das es auch „da draußen“ gibt.

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