Heike Behrend
ifk Senior Fellow


Zeitraum des Fellowships:
01. März 2007 bis 30. Juni 2007

Fotografie als Wunschmaschine: Fotografische Praktiken und Diskurse in Ostafrika



PROJEKTBESCHREIBUNG

Seit den 1990er-Jahren hat sich ein neues Forschungsfeld etablieren können, das die fotografischen Praktiken und Diskurse von Afrikanern ins Zentrum stellt. Während afrikanische Frauen und Männer in der kolonialen Fotografie mehr oder weniger zum Objekt westlicher Blickanordnungen wurden, gelang es ihnen im Rahmen einer sich herausbildenden populären Studiofotografie, die Produktion, Konsumtion und Zirkulation von Selbstbildern weitgehend zu kontrollieren und gerade in postkolonialer Zeit eigenwillige, hybride Ästhetiken und Ordnungen der Sichtbarkeit hervorzubringen. Zwar nutzte der koloniale und postkoloniale Staat die neue Technik der Reproduktion, um seine Untertanen effektiver zu kontrollieren, und schuf damit eine Praxis der Identifizierung von fotografischem Porträt und Subjekt "im Wahren". Doch letztlich konnte sich in vielen Teilen Afrikas die Fotografie als Wunschmaschine, als ein idealisierendes Medium der Illusion durchsetzen.
Im Rahmen des Projekts soll zum einen die lokale Aneignung des Mediums, seine Einbettung in Rites de Passage, Techniken der Erinnerung, Totenkult und Praktiken des Heilens und Schadens untersucht werden, um beispielhaft zu zeigen, wie technische und kulturelle Dispositive interagieren und neue mediale Konkretionen sowie neue kulturelle Hybridisierungen hervorbringen.
Zum anderen soll der Frage nachgegangen werden, welche neuen Ordnungen der Sichtbarkeit die Fotografie in Afrika erzeugen konnte. Zu fragen ist aber, ob diese neuen Ordnungen einem westlichen Wahrheitsbegriff, der Wahrheit mit Sichtbarkeit verbindet, Vorschub leisten.



CV

Professorin für Ethnologie am Institut für Afrikanistik der Universität zu Köln



Publikationen

U. a.: "I am like a movie star in my street": Photographic Self-Creation in Postcolonial Kenya, in: Richard Werbner (Hg.), Postcolonial Subjectivities in Africa, London 2002; "Call and Kill": Zur Verzauberung und Entzauberung westlicher technischer Medien in Afrika, in: Erhard Schüttpelz und Albert Kümmel (Hg.), Signale der Störung, Köln, 2003; Photo-Magic. Photographies in Practices of Healing and Harming in Kenya and Uganda, in: Birgit Meyer (Hg.), Journal of Religion in Africa, special issue on Media and Religion in Africa, 33, 2, 2003.

27 Oktober 2022
19:00
  • Lecture Series
Sky Lounge der Universität Wien, Oskar-Morgenstern-Platz 1, 1090 Wien
Heike Behrend

15. Eric Wolf Lecture: »Echos der Präsenz«. Bemerkungen zur Geschichte der ethnografischen Feldforschung

Ausgehend von Victor Segalen (1878–1919), Schiffsarzt, Reisender und Ethnologe, der den scheinbar außenstehenden Beobachter in den Echos seiner Präsenz wieder zurück ins Geschehen brachte, wirft Heike Behrend einen erneuten Blick auf die ethnografische Feldforschung und ihre Geschichte.

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