Jost Hermand
ifk Visiting Fellow


Zeitraum des Fellowships:
01. September 1995 bis 31. Dezember 1995

Interdisziplinäre Tendenzen der gegenwärtigen Germanistik



PROJEKTBESCHREIBUNG

Hermand arbeitete in den letzten Jahren an einer Geschichte der Germanistik in Deutschland. Er konstatiert aufgrund der historischen Entwicklung (Aufgabe der "nationalen Führungswissenschaft" mit 1945, Rückzug auf die klassisch- romantische Bildungslektüre, zwischen 1968 und 1975 Versuch einer linksliberalen Vergangenheitsbewältigung) seit Mitte der siebziger Jahre Tendenzen, die mit dem Rückgang der Buchkultur zugunsten einer Medienkultur zusammenhängen, die ihre Botschaften immer weniger über die Schrift als über visuelle und akustische Reize vermittelt. Aufgrund dieser Entwicklung habe sich die Germanistik seit der zweiten Hälfte der siebziger Jahre einer semiotischen Betrachtungsweise geöffnet, die alle Träger kultureller Botschaften in einem wesentlich erweiterten medienwissenschaftlichem Rahmen zu betrachten sucht. Ihre nationale Komponente tritt daher immer stärker hinter eine Internationalisierung im Rahmen einer "postmodernen" Sehweise zurück, für die selbst die klassischen Texte der deutschen Literatur nur noch Träger anthropologischer, strukturalistischer oder geschlechtsspezifischer Zeichensysteme sind. Hermands besonderes Interesse gilt nun der genaueren Erforschung derjenigen Methodenansätze, die diese Internationalisierung begünstigt haben und stellt die Frage, inwieweit selbst in dieser fortschreitenden kulturellen Homogenisierung noch immer Reste nationaler Sehweisen erhalten geblieben sind.



CV

Jost Hermand, geb. 1930 in Kassel, Germanist, Kunsthistoriker, studierte Literatur, Philosophie, Geschichte und Kunstgeschichte in Marburg, seit 1958 Professor für Germanistik am Department of German, University of Wisconsin (Madison). Seine Arbeitsschwerpunkte sind Deutsche Literatur des 20. Jahrhunderts und Geschichte der Germanistik in Deutschland.



Publikationen

u.a.: Die Kultur der Bundesrepublik Deutschland 1965-1985. München: Nymphenburger, 1988, 2.Ed. Berlin: Ullstein 1990. Mehr als ein Liberaler. Über Heinrich Beine. Frankfurt/Main: Peter Lang, 1991, 2.Ed. 1993. Grüne Utopien in Deutschland. Zur Geschichte des ökologischen Bewußtseins. Frankfurt/Main: Fischer, 1991. Engagement als Lebensform. Über Arnold Zweig. Berlin: Sigma, 1992.