Im Umlauf. Literatur, Philosophie, Kunst der Moderne und das Medium der Postkarte
Viele Schriftsteller*innen, Philosoph*innen und Künstler*innen des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts begrüßten das neue Medium der Postkarte mit großem Enthusiasmus. Liliane Weissberg versucht diesem Enthusiasmus nachzugehen und den Einfluss der Postkarte auf die literarische, philosophische und künstlerische Produktion dieser Zeit aufzuzeichnen. Ihr Buch- bzw. Forschungsprojekt wird einige Kapitel über die Geschichte der Postkarte und ihre frühe politische Bedeutung enthalten (konzentriert auf die Dreyfus-Affäre) sowie zu Walter Benjamin, Siegfried und Lily Kracauer, Franz Kafka, Else Lasker-Schüler und andere, die Postkarten sammelten, über sie schrieben oder sogar selbst verfassten.
Liliane Weissberg studierte Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft an der FU Berlin und promovierte in Comparative Literature an der Harvard University. Sie lehrte zunächst an der Johns Hopkins University und ist heute Christopher H. Browne Distinguished Professor in Arts and Science an der University of Pennsylvania. Weissberg war Gastprofessorin an vielen Universitäten in den Vereinigten Staaten, Deutschland, Österreich und der Schweiz. Ihr Forschungsschwerpunkt liegt auf der deutsch-jüdischen Geschichte, Literatur und Philosophie sowie der psychoanalytischen Theorie. Ihre Arbeiten wurden unter anderem mit einer Guggenheim Fellowship, dem Forschungspreis der Alexander-von-Humboldt-Stiftung und dem Berlin Prize der American Academy ausgezeichnet sowie dem Ehrendoktorat der Universität Graz.
Münzen, Hände, Noten, Finger: Berliner Hofjuden und die Erfindung einer deutschen Musikkultur, Graz 2018; gem. mit Andreas Kilcher, Nachträglich, grundlegend: Der Kommentar als Denkform in der jüdischen Moderne von Hermann Cohen bis Jacques Derrida, Göttingen 2018; Benjamin Veitel Ephraim: Kaufmann, Schriftsteller, Geheimagent, Berlin 2021; Psychoanalysis, Fatherhood, and the Modern Family, London 2022.
Liliane Weissberg, Professor in Arts and Science, Department of Francophonic, Italian and Germanic Studies, University of Pennsylvania und derzeit IFK_Senior Fellow hält am 2. Mai 2023 an der Ludwig Maximilians Universität München, Abteilung für Germanistik, den Vortrag »Michael Bernays in München« - gewidmet dem ersten Professor für Germanistik an der LMU München.
Bernays hatte griechische Literatur studiert und über Goethe wie auch Shakespeare gearbeitet. Auch bei Bernays gibt es eine Wiener Verbindung: er war der Onkel von Sigmund Freuds Ehefrau Martha.
17:00 Uhr Eröffnung Vortrag
Weyma Lübbe: Verantwortung in Zeiten der Krise Anschließend Empfang des Bürgermeisters im Kammerhof
begleitet von der Bradlmusi.
Walter Benjamin war ein Sammler. Seine Leidenschaft für Bücher wie für Spielzeug ist bekannt, aber er interessierte sich auch für Postkarten, die als neues Medium um die Jahrhundertwende eine große Popularität erlangten. Postkarten wurden in hoher Auflage gedruckt und waren preiswert. Sie verlangten von dem Schreibenden, sich kurz zu halten, und legten den geschriebenen Text offen dar. Wie Twitter heute, so galten die Postkarten damals als »modern«.