22 Mai 2017
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IFK

KLATT — ÜBERLEBENSKUNST IN HOLOCAUST UND GEHEIMDIENSTKRIEG

18:15

In der Abwehr, dem Nachrichtendienst der deutschen Wehrmacht während des Zweiten Weltkrieges, war er als „der Jude Klatt“ bekannt. Seine „Max“-Meldungen aus dem Hinterland der sowjetischen Front waren legendär und blieben für die Geheimdienste der Briten und Amerikaner noch über Jahrzehnte „eines der größten Rätsel des Krieges“.

 

Der Wiener Immobilienmakler Richard Kauder, Sohn eines vom Judentum zum Katholizismus konvertierten Militärarztes der k. u. k. Armee, trat Anfang 1940 in die Dienste der Abwehrstelle Wien, um sich und seine Mutter vor Deportation und Verfolgung zu schützen. Beide galten nach den NS-Gesetzen ab 1938 als „Volljuden“. Unter dem Decknamen „Klatt“ funkte Kauder ab Herbst 1941 zunächst aus Sofia, später aus Budapest Nachrichten über Stationierungsorte und Bewegungen der sowjetischen Luftwaffe und Armee sowie über operative Planungen des sowjetischen Oberkommandos nach Wien. Diese als „Max“-Meldungen bezeichneten Informationen stammten angeblich von einem Agentennetz, das der exilrussische General Anton Turkul in der Sowjetunion aufgebaut hatte, und wurden vom Generalstab des deutschen Heeres als „kriegswichtig“ eingestuft. Winfried Meyer untersucht Richard Kauders Überlebenskunst in Holocaust und Geheimdienstkrieg, indem er dessen schillernde Biografie rekonstruiert und das Rätsel der Herkunft seiner „Max“-Meldungen löst.

 

Winfried Meyer studierte Germanistik und Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin und war an mehreren NS-Gedenkstätten tätig. Er ist seit 2003 am Zentrum für Antisemitismusforschung der Technischen Universität Berlin tätig und veröffentlichte zahlreiche Publikationen zu den NS-Konzentrationslagern, dem Widerstand gegen den Nationalsozialismus und zur Geheimdienstgeschichte des Zweiten Weltkrieges. Derzeit ist Winfried Meyer IFK_Research Fellow.

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