13 Oktober 2014
  • Lecture
IFK

UGANDA-EXPEDITION UND NS-MEDIZIN – DER ÖSTERREICHISCHE ARZT ROBERT STIGLER

Bürger der Stadt Steyr, Arzt, Expeditionsteilnehmer mit fragwürdigem wissenschaftlichem Ziel, Rassendenker und Inhaber mehrfacher Professuren während der NS-Zeit, nach dem Zweiten Weltkrieg auch bald wieder anerkannter Publizist derselben Thesen in adaptiertem Wortgewand: Robert Stigler. Der Historiker Simon Loidl folgt den Spuren einer nicht untypischen NS-Biografie und deren NS-ideologischer und kolonialer Wurzeln.


Im Jahr 2010 wurde in Steyr die „Robert-Stigler-Straße“ umbenannt. Dem waren mehrjährige Debatten über die historische Rolle des 1878 in der oberösterreichischen Stadt geborenen Stigler vorausgegangen. Mehr als hundert Jahre hat Stigler somit auf unterschiedliche Weise eine öffentliche Rolle in Österreich gespielt. Als Teilnehmer einer vom Architekten Robert Kmunke (1866–1918) organisierten Expedition nach Uganda trat Stigler erstmals als „wissenschaftlich“ tätiger Arzt hervor. Während dieser Forschungsreise führte er Experimente an lebenden Menschen durch, durch die er von ihm vermuteten Unterschieden zwischen „Rassen“ auf die Spur kommen wollte. Seine Mitgliedschaft in der in Österreich illegalen NSDAP brachte einen vorübergehenden Knick in Stiglers akademischer Karriere mit sich. Nach dem „Anschluss“ konnte er diese jedoch erfolgreich fortführen. Neben Professuren für Anatomie und Physiologie setzte er seine „rassenphysiologischen“ Forschungen an Kriegsgefangenen fort. Nach der Befreiung Österreichs zog sich Stigler nach Tirol zurück; ein Entnazifizierungsverfahren führte zwar zur Entlassung aus seinen universitären Ämtern, jedoch genoss er bis zu seinem Tod 1975 weiterhin beträchtliches Ansehen und publizierte – mit leicht veränderter Wortwahl – zu denselben Themen, die ihn seit der Uganda-Expedition interessierten. Anhand der Biografie Stiglers geht Simon Loidl Fragen nach wissenschaftsgeschichtlichen Kontinuitäten in Österreich nach, die über die Brüche der Jahre 1918, 1938 oder 1945 weiterwirkten. Im Hintergrund stehen die kontroverse Auseinandersetzung mit den Wurzeln der NS-Ideologie im Kolonialismus sowie die Frage nach der Rolle Österreichs für den Kolonialismus.

Weitere Informationen zu Simon Loidl

Ort: IFK