Vortragsmitschnitte

Tagung »Situiert im Globalen«, Forschungskollektiv Beauty of Oil





Bianca Brandstätter Forschungskollektiv Beauty of Oil (Hopfengärtner/Klose/Steininger) Tu ölig‘s Austria. Petro Revue Alexander Klose und Benjamin Steininger sprechen mit Bianca Brandstätter und Jérôme Segal


Es gibt Erdöl in Österreich? Aber ja! Im Wiener Becken und in Oberösterreich wird seit den 1930 -ern Erdöl und -gas gefördert, Öltanks und Raffinerien stehen schon im ausgehenden 19. Jahrhundert an der Donau. An deren Ufer brandete einst das Tethysmeer. Sedimentschicht für Sedimentschicht hinterließ es, was heute als fossiles Brennmaterial wieder zutage gefördert wird. Um 1900 ist das Habsburgerreich mit seinen galizischen (heute ukrainischen) Ölfeldern Förderland Nummer drei nach den USA und Russland. Nach 1938 soll Linz petromodern zur prächtigsten Metropole Österreichs ausgebaut werden, während Erdöl aus dem Wiener Becken die NS-Kriegsmaschine antreibt. Bis zum Abschluss des Staatsvertrags 1955 und noch darüber hinaus fließen Millionen Tonnen Erdöl als Reparationszahlungen an die UdSSR. 1965 wird Wien OPEC-Stadt und damit Teil eines utopischen Projekts der Ölförderländer auf der Südhalbkugel. Die Montanuniversität Leoben mausert sich zu einer der wichtigsten Petroleum-Lehrstätten Europas. Zwischen Petro-Euphorie und Petro-Melancholie, zwischen jüdischem Unternehmertum in Galizien, »Anschluss« und sowjetischer Besatzung, zwischen katholischer und sozialdemokratischer Petromoderne – im Brennspiegel des Erdöls verdichten sich in Österreich lokale Geografien, nationale Geschichte und globale Dynamiken des 19., 20. und 21. Jahrhunderts. Die Petro Revue Linz montiert Unterhaltung und Propaganda, Videoschnipsel und Musik mit geowissenschaftlichen Materialien und historischen Dokumenten. Diese Montagen bilden den Rahmen für Gespräche. Unsere Gäste und Gesprächspartner*innen sind Bianca Brandstätter von der Montanuniversität Leoben und der österreichisch-französische Historiker Jérôme Segal. Begleitend zur Petro Revue Linz entsteht eine dreiteilige Videoinstallation, die während der gesamten Laufzeit der IFK_Herbsttagung im Keller der Kunstuniversität Linz zu sehen sein wird.